I will persist until I succeed

Meditation ist lebensgefährlich, meditieren kann lebensgefährlich sein. Es gibt darüber gerade eine Doku in der ARD Mediathek. Darin wird von Psychiatrieaufenthalten und Suiziden infolge von Meditation berichtet. 

Ich habe nicht nur diese Doku gesehen, sondern auch das Buch “Die Seelenpfuscher- Pseudotherapien, die krank machen” gelesen, das gab es zu verschenken in der Bibliothek, weil sie das aus dem Bestand genommen hatten und darin geht es um Fernheilung, Breathwork, Bestellungen ans Universum, Familienaufstellung, Rebirthing uvm und ich ahnte es ja und jetzt weiß ich es bestimmt, dass dieser ganze Mental Health New Age Eso Kram einfach nur disgusting ist und ausgesprochen gewalttätig und schädlich sein kann.

Und jeder kann sich an zwei Wochenenden zum zertifizierten Geisterbeschwörer oder dergleichen ausbilden lassen und sich dann auf die vielen armen Seelen stürzen.

Weswegen mich jetzt schon der Stand mit “Heilsteinen” auf dem Donnerstagsmarkt am Kollwitzplatz aggro macht und eine Straße weiter, kann man im Hinterzimmer seine “Aura” fotografieren lassen und in jedem Brandenburger Kaff stehen die Ayahuasca- Schwitzhütten, sofern sie nicht von Reichsbürgern und Faschosekten kolonisiert wurden, bzw. wo ist da der Unterschied? 

Das ist Kapitalismus, das ist New Age, das ist Mental Health, das ist Selfcare und passend dazu habe ich dann noch diese ZDF Reportage gesehen:

37 Grad – Jung und unabhängig – Mona, 21, hat schon drei Unternehmen gegründet

Darin schildert Mona ihren Tagesablauf:

Aufstehen zwischen 6 und 7, dann Sport, anschließend Journaling oder Meditation und Affirmationen ins Tagebuch schreiben 

I will persist until I succeed 

Haferflockenbowl mit frischen Früchten

13 Stunden Zoomcall.

Natürlich ist das auch schön am Kapitalismus, diese Freiheit und diese unfassbar vielen Möglichkeiten, sich selbst komplett in den Wahnsinn zu treiben. 

Ich finde es trotzdem gespenstisch.

Von denen gibt es inzwischen so viele.

So umgedrehte Bartlebys. Der war ja auch total nett und höflich. 

Aber statt 

I would prefer not to 

sagen die 

I will persist until I succeed

Wie Bartleby stehen diese Leute plötzlich vor einem und sind nett und arbeiten fleißig in einem fort und sind Tag und Nacht erreichbar, auch am Wochenende und sagen immer das Selbe und sie gehen nicht mehr weg. 

Bis alle Stränge reißen und sie irgendwann in einem Retreat auf Bali enden oder mit Ayahuasca oder kleinem Hund in Brandenburg.

Aber erst ist alles ok und man merkt es nicht, also die sind total nett und anstellig.

Man kann sich ganz normal mit denen unterhalten, zu allen möglichen Themen, sogar einen relativ breiten Wortschatz beim Reden verwenden, aber dann passiert es, dass sie plötzlich erstarren und einen ganz entsetzt anschauen.

Sie reißen die Augen auf und dann sieht man, dass das glänzende hübsche Murmeln ohne jegliche Tiefe sind, also glänzend- trübe Murmeln quasi, und die Haut drumherum ist ganz glatt, genau wie die Stirn, weil kein einziger eigener echter Gedanke, sie je die Augen zusammenkneifen, die Stirn in Falten legen ließ.

Also plötzlich erstarren sie, nichts als Schreck in den trübglänzemden Murmelchen, und sie unterbrechen mich und fragen, ob ich das gerade ironisch gemeint habe und egal, ob ich dann JA oder NEIN sage, machen sie sich sofort wieder locker und lachen weiter. 

Sie denken, dass ich, wenn mit Nein antworte

und damit meine:

Ich habe es nicht ironisch gemeint, was ich sagte und ich habe es auch nicht nett gemeint, ich habe es einfach genau so gemeint, wie ich es gesagt habe, ohne irgendeinen Twist.

Also sie denken dann, dass ich das AUCH noch ironisch gemeint habe, weil ich eben so besonders sarkastisch bin und ich so einen besonders bissigen schwarzen Humor habe, haha, weil sonst wäre ich ja nicht nett, also nicht so nett wie sie und das kann ja gar nicht sein, denn weil man sich begegnet ist und miteinander redet, ist man ja Teil ihrer Bubble oder sie Teil meiner Bubble.

Also gehen sie davon aus, dass ich genauso bin wie sie, also dass ich nett bin und dass ich alles nett meine, denn wie sonst sollte es möglich sein, dass wir überhaupt miteinander zu tun haben. 

Sie schnallen es nicht, weil sie aus ihrer Bubble nie rauskamen, rauskommen, rauskommen werden bis zum bitteren Ende im Retreat oder in der Schwitzhütte oder beim Sonnenaufgang auf dem Garbicz. 

So nett sind sie, so dermaßen nett. 

Sie sind so dermaßen nett, überraschend nett sogar, obwohl man doch eigentlich eher glauben würde, dass sie faschomäßig rüberkommen müssten von der Attitude her, weil sie sich so offensiv feministisch geben und sich vegan ernähren. 

Aber das sind nichts als Floskeln und Attitüden um nett rüberzukommen, um in ihrer Bubble akzeptiert zu werden.

Aber das Schlimme ist, es gibt keinen doppelten Boden, es ist kein Fake, sie machen das nicht extra. Sie sind wirklich links, queerfeministisch und vegan und sie gehen wirklich zum Bouldern oder treffen sich zum brunchen oder benutzen Dating Apps oder hören gern Billie Eilish oder Lana del Rey und rennen auf die Tanzfläche, wenn Michael Jackson gespielt wird oder Destinys Child oder whatever welche blöden Klischees einem sonst noch so einfallen mögen, sie alle treffen zu.

Sie sind wirklich komplett authentisch. Es gibt bei denen keinen Unterschied zwischen Ich und Über- Ich. 

Die sind nur Ich, oder eigentlich nur Ichichichichich.

I will persist until I succeed. 

Sagt die moderne umgedrehte Bartleby. 

They/them Ybeltrab :-))))

Es geht nicht darum, woran sie dranbleibt und womit sie letztendlich Erfolg hat, sondern es geht nur und ausschließlich ums Dranbleiben und den Erfolg an sich und deswegen ist das Leben der Ybeltrab leer und gibt es keinen Halt, außer den Heilsteinen und dem Money und der Garantie, dass alle anderen genau das Gleiche wollen und denken.

Es ist einfach alles Automat, klar dass Meditation bei ihr Psychosen auslösen kann. 

Weil es beim Meditieren darum geht, sich selbst zu beobachten und sich seiner Automatismen gewahr zu werden und sich achtsam seiner Selbst bewusst zu werden oder eben der Abwesenheit eines Selbst und dadurch zu innerem Frieden und Abstand zu finden, aber bei denen führt das nur dazu, dass sie den Automaten sehen, der sie sind, zu dem sie sich gemacht haben oder wer auch immer, oder was auch immer sie so ruiniert hat.

Aber da sieht dann halt im Falle der Erleuchtung, kein Über Ich den Automaten, sondern der Automat sieht sich selbst und sonst ist da nichts und er kriegt sich nicht mehr gesteuert, und dann stürzt das in sich zusammen, weil da ist nur noch Ödnis und Sinnlosigkeit, weil der moderne Mensch putzt sich die Zähne nicht wegen der Selfcare, sondern wegen der Zahnpasta und er isst nicht um satt zu werden, sondern um sich gesund zu ernähren und er arbeitet nicht wegen Geld oder Passion, sondern um Erfolg zu haben und er meditiert, nicht um achtsamer zu werden, oder glücklicher oder bewusster, sondern um besser arbeiten zu können- usw usf…

Und dann macht es auf einmal klick und dann fallen alle Gründe weg und der ganze Sinn, den es sowieso nie gab und dann sehen sie da einfach nur einen Automaten, der da steht und sich die Zähne putzt, weil die Haferflocken raus müssen aus den Ritzen, er sieht sich das alles tun in einer Bubble absoluter Leere und ja klar, sowas muss entsetzliche Angst machen.

Überraschend nett sind sie übrigens.

Aber eigentlich ist die Nettigkeit der modernen Menschen gar nicht überraschend. Die Nettigkeit ist neben unermüdlichem Fleiß, deren erste und hervorstechendste und einzige nennenswerte Eigenschaft. 

I will persist until I succeed 

Und das geht nur mit Fleiß und nice.

Aber das ist ja keine Nettigkeit eigentlich. Weil echte Nettigkeit ist uneigennützig und kommt von Herzen und hat ja nicht den Zweck, dass man da irgendwie durch Stromlinienförmigkeit und nicht anecken, zum Erfolg durchglitschen möchte. 

Bzw. man sagt ja deswegen auch: 

Nett ist die kleine Schwester von Scheiße.

Also nett ist nicht freundlich. Bzw. schon vor Jahren sagte eine Freundin deswegen auch immer: 

Nett sind se alle.

Aber es geht nicht ums nett sein. Es geht ums Nett- Sein – Wollen. 

Das ist das Schlimmste. Ich kriege Asthma wenn mir das begegnet. 

Von diesem offensiven Nett- Sein- Wollen, das mit echtem Nettsein relativ wenig zu tun hat, wenn man mal genauer darüber nachdenkt… 

… kommt auch dieses ständige Sich- Absichern, ob sie das überhaupt so sagen durften, was sie gesagt haben. 

Oder noch wichtiger, ob der Gesprächspartner das so sagen durfte, was er gesagt hat, oder ob das nicht gegen eine Norm verstoßen hat, unabsichtlich natürlich.

Aber das geht ja so schnell heutzutage, dass man gegen eine Norm verstößt, komplett unabsichtlich natürlich, hauptsächlich aus dem Grund meistens, weil man einfach nur Nett- Sein- Wollte und das dann aber genau deswegen, leider vielleicht als nicht nett gemeint verstanden werden könnte. 

Weil natürlich war es nett gemeint, was gesagt wurde, gar keine Frage – weil auf die Idee kommmen diese Leute gar nicht-  dass jemand aus ihren Kreisen etwas nicht nett gemeint haben könnte.

Weil das nicht passieren darf, denn I will persist until I succeed. 

Deswegen:

Alles was hier steht ist nett gemeint. 

Fenster zu. Türen zu. Keiner verlässt den Konsens. 

Vielen Dank fürs Lesen und vielen Dank an mich, dass ich hier auf  

www.frauruth.de sein darf.

Falls etwas als nicht nett gemeint verstanden worden sein sollte, tut es mir leid.

Es war nett gemeint.

Nicht nett Gemeintes hat auf www.frauruth.de keinen Platz und ich setze mich konsequent dafür ein. 

www.frauruth.de  steht für Toleranz, Vielfalt, Respekt und offene Inklusion jeglicher Perspektiven.

www.frauruth.de bezieht Position gegen jegliche Phobie und Feindlichkeit. 

An dieser Stelle ganz vielen lieben und herzlichen Dank an meinen Stromanbieter Vattenfall und an O2 für den Internetzugang. 

Mein ganz besonderer Dank gilt Apple MacIntosh (Hardware), Benq (Bildschirm), Battletron Gaming (Tastatur), Rapoo (Maus).

Danke auch an Google, Instagram, Youtube, X, Facebook, die Mediatheken von ARD und ZDF sowie Heike Dierbach und rororo, an Mady Morrisson und Herman Melville.

Danken möchte ich auch dem tollen Team von Dogado und dem tollen Theme von WordPress.

Falls ich jemanden vergessen haben sollte, tut es mir leid.

Das war nicht böse gemeint und ganz viele liebe Grüße und ich wünsche euch ein schönes Wochenende und bis ganz bald, ich freue mich. 

3 Kommentare

Kommentieren

‚Nett‘ ist mittlerweile schon wieder so verhasst, dass ich es mir gut als Bandnamen vorstellen könnte. Schätze auch, es dauert nicht mehr lange bis üble Beleidigungen mit einem „War nett gemeint“ komplettiert werden.

Ist doch schon so. Die übelsten Sachen werden seit Jahrzehnten standardmäßig mit „ist nicht böse gemeint, ABER“ eingeleitet…

Kommentar verfassen