“Eigentlich ist das die geilste Beschäftigung der Welt, Podcast hören und dabei aufräumen.
Ich weiß gar nicht, warum ich nicht NUR das mache.” sagte ich euphorisch zu Spongebob, als ich dabei war, meine T- Shirts nach Farben geordnet in den Kleiderschrank zu stapeln.
Sie meinte: “Das sagst du immer, wenn Du aufräumst, Mama.“
Echt jetzt? Kann mich nicht daran erinnern, das gesagt zu haben. Es ist lange her, seitdem ich das letzte Mal aufgeräumt habe.
So lange, dass es fast schon drohte zu einer Problematik zu werden, so lange her, dass ich es für erwähnenswert halte, dass ich zuhause aufgeräumt habe.
Ich bin 42 Jahre alt und Elektroingenieur und habe Kinderprobleme.
Neulich bin ich den ganzen Tag mit offenem Hosenstall in der Stadt unterwegs gewesen und meine Begleiter müssen mir nach dem Essen die Krümel vom Pulli wischen und mir morgens die Haare kämmen.
Dass ich es für erwähnenswert halte, aufgeräumt zu haben, oder aufräumen zu müssen, erinnert mich an die Überschriften der DDR Tageszeitung “Neues Deutschland” im Sommer ‘89.
Als täglich massenhaft DDR- Bürger über Ungarn nach Österreich flohen, als das System des Ostblocks nicht mehr nur bröckelte, sondern zunehmend unübersehbar straight dem Einsturz entgegen ging, brachte das ND unbeirrt Schlagzeilen wie:
“Wanderfahnen für beste Leistungen im Wettbewerb”, “Mehr Transistoren aus Neuhaus für Farbfernseher” und “Schweriner Industriebauer erreichen Montagevorlauf”.
So hat sich die DDR ins Aus prokrastiniert.
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Psychologen sind arm dran. Tagein tagaus müssen sie sich das Gerede ihrer Klienten anhören, immer wieder dasselbe, jahrelang, ohne dass sich irgendwas tut. Egal, was der Psychologe sagt: Es bringt ja nichts.
In der nächsten Sitzung hat der Klient immer noch die gleichen Probleme wie letzte Woche, wie letztes Jahr, wie vor zehn Jahren.
Deswegen reden die Psychologen entweder über sich oder sie sagen gar nichts mehr. Sie lassen die Leute einfach eine Stunde lang reden und schicken dann die Rechnung an die Krankenkasse.
Alle Leute, die ich kenne, die mir erzählen, dass sie regelmäßig zum Psychologen gehen – sind genau die, bei denen man am allerwenigsten davon merkt, dass sie ihre Probleme irgendwie im Griff haben, geschweige denn, sich ihrer bewusst sind.
Das sind genau die Leute, denen ich, wenn ich ihnen eine Weile zugehört habe, sagen will: „Hast Du schon mal dran gedacht, zum Psychologen zu gehen?”
Aber genau dann erwähnen sie, dass sie regelmäßig zum Psychologen gehen.
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Auf einer privaten Wohnungsparty neulich fand ich einen ganz niedlich. Es gab dann auch so einen Vibe zwischen uns. Er hatte schon den Arm um meine Taille gelegt und ich hatte schon an seinem Hals geschnuppert. Also, es stand definitiv eine Bettgeschichte im Raum. Aber dann hat er auf den Boden geascht und ab dem Moment war der Drops gelutscht, stand für mich nichts Erotisches mehr zur Debatte.
Ich habe mich schon zweimal von Typen getrennt, weil die, als wir draußen unterwegs waren, einfach ihre Kippe auf den Boden schmissen, statt in den Mülleimer.
Als ich das sah, dachte ich:
Obacht! So wie der die Umwelt behandelt, so wird er auch mich behandeln.
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Ich war nach langem mal wieder in so modernen Klamottenläden für moderne Leute drin. Ganz klassisch, im Einkaufszentrum Alexa. Und überall war die Musik so geil und die Sachen sahen alle so cool aus.
So fresh und sauber auf ihren Ständern und Stapeln. Und die Farben waren so toll und alles war so mannigfach vorhanden und auch gar nicht besonders teuer. Ich hatte das Gefühl, ich müsste nur zugreifen und könnte mich quasi neu erfinden.
“Ich hab so Lust, mich ANZUZIEHEN!” dachte ich. Aber dann sah ich mich in den großen Spiegeln, die überall hingen, und dachte: “Wow, ich bin ja schon angezogen!” Und kaufte nichts.