📰 Printmedien über Ruth Herzberg 📰

ERIK HEIER IN DER TIP
AUGSBURGER ALLGEMEINE, 4.10.2022
René Hamann in der TAZ, 4.10. 2022
Christine Lutz, Süddeutsche Zeitung, August 2022
Buchhändlerin Daniela Weiß in der "Berliner Zeitung": 
Auf jeden Fall empfehle ich "Wie man mit einem Mann unglücklich wird" von Ruth Herzberg. Sie erzählt das Gefühlsdrama präzise und messerscharf, schreibt sich dabei bis hin zur Selbstverleugnung. Dieses Buch zu lesen ist vergleichbar mit einem Long Island Ice Tea - man unterhält sich hervorragend, aber wenn man nicht ab und zu eine Pause einlegt, führt das auch irgendwann zur Selbstzerstörung.
RP
Rheinische Post Nr. 135 - Düsseldorf-Mitte/West, 14.06.2021, S. 24
Wie man mit einem Mann unglücklich wird
Erzählung  Eine Frau lernt einen Mann kennen, sie nimmt ihn mit nach Hause, es ist der Wahnsinn. Aber danach meldet sich der Mann nicht mehr. Die Frau denkt immerzu an den Mann, manchmal erreicht sie ihn, dann kehrt er zurück. Es ist wieder der Wahnsinn, und danach verschwindet der Kerl erneut. So geht es zu in dem hochkomischen und tieftraurigen Buch "Wie man mit einem Mann unglücklich wird", das die Berliner Autorin und Bloggerin Ruth Herzberg im Mikrotext-Verlag veröffentlicht hat. Zwei Menschen in der Großstadt, unverbindlich zunächst, doch dann kommt die Liebe ins Spiel, leider nur auf einer Seite. Das Gedankenprotokoll einer toxischen Nicht-Beziehung ist das, der Schadensbericht eines gebrochenen Herzens. Herzberg schreibt, wie man heute denkt, die unmittelbare Gegenwart im Text.  hols
Warum textet der geile Lover nicht zurück?
Er will sich nicht festlegen, sie will ihn fest: Ruth Herzberg schreibt mit schonungslosem Humor über das Scheitern einer quälerischen Liebe. Ein Spaziergang mit der Schriftstellerin durch Berlin.
Ruth Herzberg - Jahrgang 1975, Romanautorin und Bloggerin, Internet-nom-de-guerre "Frau Ruth" a.k.a. "MadamGähn" - erscheint zum Spaziergang am Mittag zu spät, denn sie musste erst noch frühstücken und auf den Ex warten, der die Kinder abholt. Frau Ruth ist dünner und größer, als man sie sich aus irgendeinem Grund von ihren Stadtbild-Kolumnen in der Zeitung vorgestellt hat. Langer Mantel, schwarze Nikes zu weißen Reebok-Socken. Leichte Erschöpfung im Gesicht, aber die volle Erzähl-Energie. Wenn man sie etwas fragt, kommt auch Text. Angenehmes Selbstbewusstsein mit Drehbuch-Ausbildung (Konrad Wolf Filmuniversität Babelsberg) und Lesebühnenbackground ("lehrt einen, arrogant zu sein"). Ihr furioser neuer Roman mit dem Antititel "Wie man mit einem Mann unglücklich wird" ist der berühmte große Wurf im kleinen Indie-Verlag, wie er in der deutschen Literatur so genau alle drei bis vier Jahre exakt einmal vorkommt.

Dabei geht es eigentlich nur um das Scheitern einer weiteren quälerischen amour fou( Mo Fo, wie Tony Soprano sagen würde). Oder um die ewige Frage: Warum textet der geile Lover mit dem Longboard und den vielen Filmprojekten nicht zurück, wenn ich ihm sage, dass ich ihn liebe. Das alles wird hochpointiert, atemlos und entwicklungslos runtererzählt. Frühling, Sommer, Herbst, Winter. Der Sex ist immer gleich: gigantisch. So lange jedenfalls, bis er bei ihr einzieht, und die ganze Psychonummer zwischen zu großen und kleinen Gefühlen endet. Das alles in ausschließlich ihrer Version. Also nichts für schwache Nerven.

"Aber ich bin ja nicht nur jüdisch", es gab väterlicherseits noch den Nazi-Großvater

Kaffee, Zigarette, Sonnenschein in Berlin. Die Anfänge. Letzten Herbst hat Ruth Herzberg einen Zeitungs-Essay über ihre semibourgeoise Bohème-Kindheit im Osten geschrieben. Da wehte plötzlich ein herrlich frischer Wind der Verachtung für die olle DDR ausgerechnet durch die Berliner Zeitung: "Kleinbürgertum, Duckmäuserei, heimliches Gemaule und schlechter Geschmack." Großartige Leserbrief-Reaktionen. "Wie offen da artikuliert wird, dass man sich für etwas Besseres hielt oder hält als das Volk, das ist schon krass."

Offene Artikulation ist allerdings tatsächlich Ruth Herzbergs krasse Stärke. So gibt es zum Beispiel auch positive DDR-Erinnerungen. Das Kind mochte das Militärische, Einfache, was Hippie-Mutter und jüdisch-emigrantische Großmutter natürlich verabscheuten. "Aber ich bin ja nicht nur jüdisch", es gab väterlicherseits noch den Nazi-Großvater, der sich aus Kummer über den Untergang Deutschlands bei Kriegsende erschoss. Vermutlich sei es also der "Nazi- oder Maso-Anteil in mir", der als Kind begeistert die DDR-Militärparade abnahm. All die Propaganda, wie stark "unser kleines Land" sei und dass auch die Kleinsten ihren Anteil daran haben, alles prima.

Den Jungpionieren ist sie dann aber dennoch erfolgreich nicht beigetreten. Ruth Herzberg wollte ihre Jugend lieber individuell als sozialistisch verschwenden und jedenfalls nichts mit den Leuten aus der Schule zu tun haben. DDR-Outsider-Legenden wie "Die Leiden des jungen W.", Ulrich Plenzdorfs Versuch, Holden-Caulfield-Drifter ins Kombinat zu holen, kann sie nichts abgewinnen. Letztens noch mal gelesen und für "doofen Kitsch" befunden: zu konstruiert, Jugendsprache künstlich nachgemacht, verlogen.

Auf dem Büchertisch jede Menge Beweise für auch ihr Romanthema als Trendthema

Verlogenheit ist für Herzberg ein entscheidendes literarisches Kriterium. Der Gefahr, bei der Beantwortung der Frage nach der Verlogenheit als die Ehrliche zu enden, begegnet sie dabei mit Zusatzkategorien: "Verzeihbar und/oder amüsant verlogen oder eben komplett verlogen. Kann man auch auf Westschriftsteller übertragen: Eintrübungen durch Ideologie, Strebertum, Eitelkeiten, Ängste kennen keine Grenzen." So hat Frau Ruth ein feines Gespür für die Erkenntnis-Lifestylitis, die in den Sozialen Medien kursiert: "Ich bin trotz allem nicht ich selbst geblieben", twitterte sie neulich, "ich habe mich trotz allem unterkriegen lassen, aber wenigstens dabei meinen Humor verloren."

Auf dem Spaziergang nun ein Zwischenstopp in der Buchhandlung Uslar & Rai. Ruth Herzberg guckt, was die Konkurrenz so macht. Auf dem gut kuratierten Büchertisch Titel von "Lustprinzip" bis "Trennungsroman", also jede Menge Beweise für auch ihr Romanthema als Trendthema. Ihr Buch aber ist neben der Kasse positioniert. Danke und Auf Wiedersehen. Richtung Kollwitzplatz muss jetzt endlich darüber geredet werden, wie man mit einem Mann unglücklich wird. Ghostet der Mann sie? Ruth Herzberg, lebhaft belesen im Krieg-der-Geschlechter-Genre (Rachel Cusk, Leif Randt, Dolly Alderton), lacht kurz auf. Nein, denn der Roman-Mann blockt die Nachrichten der ihm trotzig hinterhertextenden Roman-Frau ja nicht, sondern er macht sich nur mächtig rar. Und ist als alternder Pan letztlich natürlich nur gewarnt von all den Emo-Terror-Frauen im Freundeskreis, die ihre Männer alle ganz klein mit Hut gemacht haben.

Ebenso natürlich ist das alles auch wieder keine Raketenwissenschaft, was da im Roman zwischen den Geschlechtern passiert. Radikale Überforderung mit der digitalen Verfüg- und Überwachbarkeit auf allen Kanälen. Er will sich nicht festlegen, sie will ihn fest. Die Sexszenen lesen sich wie Porno-Verarschungen, aber ein frauenverstehendes Weichei will auch keine daheim in der Wohnung.

Herzberg verhelfen ihr schonungsloser Humor und Selbstreflexion zu großen Befreiungsschlägen, gerade wenn es schwierig wird. Motto: Bin ichdie Krise oder ist das schon mein Leben? Ein Goethe-Leser aus der Nachbarschaft rät ihr, als sie ihm ihr Leid klagt, dass sie doch einfach Hure werden soll, wenn ihr "die Fickerei so viel bedeutet". Und nachdem der On/off-Liebesverweigerer endlich mit Longboard und Laptop bei ihr eingezogen ist ("mein Bett wurde zum Zentrum der deutschen Wirtschaft"), kann sie mit ihm, dem Doku-Gucker, erst mal schön über die Lichtkonstante streiten, an die er fest glaubt: "Zeit, dass mal wieder fundamental was in Frage gestellt wird, sonst ist mir das Universum einfach zu langweilig, dachte ich und drehte mich von ihm weg."

Wir stehen jetzt am gut besuchten Kollwitz-Spielplatz und rauchen noch eine. Ruth Herzberg freut sich über das gerade in diesen rechthaberischen Zeiten so wichtige Anti-Identitäts-Angebot ihres sympathisch unsympathischen Romanpersonals. "Ich bin so froh, dass mein Buch wirkt": Leser und Leserinnen aus aller Welt melden sich angeblich bei der Autorin und wollen keine Männer und Frauen mehr sein. Der Roman empfiehlt die Umoperation zur Leserin.

SZ
Gastbeitrag von Andreas Merkel
taz.die tageszeitung vom 20.03.2021, Seite 15 / Kultur

Die Leiden der jungen Wertherin

Zwischen den Sexdates taucht er ab. Ruth Herzberg: "Wie man mit einem Mann unglücklich wird"

Von René Hamann

Wie es scheint, ist zum "Kampf der Geschlechter" noch immer nicht das letzte Wort geschrieben. Da gibt es zum Beispiel dieses kleine, aber feine Buch, das im kleinen, aber feinen Verlag Mikrotext erschienen ist. Es heißt "Wie man mit einem Mann unglücklich wird", stammt von der Berliner Autorin und Bloggerin Ruth Herzberg und beschreibt aus weiblicher Perspektive ziemlich eins zu eins das Unglück einer Frau mit einem Mann, der zwischen den Sexdates mit ihr stets völlig abtaucht. Während sie, die Erzählerin, sich hoffnungslos verknallt hat und kontinuierlich nach ihm sehnt, tagein, tagaus; es hat sie mit Liebe geschlagen, obwohl es ihm doch zunächst nur um Sex ging.

Das Buch ist als Roman gekennzeichnet, obwohl es recht schmal daherkommt; es ist in vier Phasen unterteilt, praktischerweise nach Jahreszeiten, und fächert so auch die vier verschiedene Phasen dieser einen, irgendwie prototypischen Beziehung auf. In aller Kürze und ohne zu spoilern lässt sich sagen: Es ist spannend, obwohl man im Grunde von Anfang an weiß, auf was es am Ende hinausläuft. Der hier beschriebene Mann, vermutlich in den Vierzigern, ein Gott im Bett und überhaupt "stark" und mit einem "größeren Selbstbewusstsein" ausgestattet, wenn auch völlig grundlos, und überhaupt geiler und besser als die anderen, ist so toxisch wie die gesamte Nicht-Beziehung, die die beiden führen; die Erzählerin ist genauso naiv und zur Selbstreflexion ihrer Objektwahl unfähig - andere Männer, solche, die "weich" sind oder sich gar von sich aus für sie interessieren könnten, kommen in der Erzählung nicht vor.

Stellenweise sehr lustig


Insgesamt liest sich das mitreißend, stellenweise auch sehr lustig, besonders, wenn sich die Erzählerin traut, vom Thema abzuschweifen und beispielsweise anhand von gemeinsam konsumierten Medien (immerhin!) über die Probleme der Lichtgeschwindigkeit oder das Schicksal des Badewannenopfers Uwe Barschel nachzudenken. Meist aber überwiegen der Wahnsinn, der Selbsthass und das selbstironisch geschilderte Selbstmitleid der Erzählerin - bei allem Verständnis für den Missmut, den dieser Honk von Liebhaber bei ihr auslöst.

So könnte das Buch auch "Die Leiden der jungen Wertherin" heißen. Der Rest steht bei Eva Illouz, "Warum Liebe endet". Insofern ist das Buch, das übrigens einen etwas zerfaserten Vorgänger hat ("Wie man mit einem Mann glücklich wird") und potenzielle Nachfolger mit vertauschten Rollen, ein Roman mit der richtigen Länge für Millennials, das kleine Buch zur Liebe in Zeiten des Neoliberalismus - nimmt man den Lockdown-Backlash mal aus, der hier jetzt noch keine Rolle spielt.

Den besten Satz zum Thema hat Ruth Herzberg aber in einem Interview mit dem Deutschlandfunk von sich gegeben: "Wenn man anfängt, wegen einer Beziehung Ratgeber zu konsultieren, dann ist sie bereits vorbei." Wort.
BEZE

Berliner Zeitung vom 20.02.2021 Seite 23 / TAGESTIPP

TAGESTIPP

Ratgeber verkaufen sich während der Pandemie recht erfolgreich. Die Leute hocken zu Hause und greifen dankbar Hinweise auf, wie sie auf vier Quadratmetern Sport machen können, welche Tricks vom Wohnzimmerkoller ablenken und was man kochen kann, wenn der nächste Restaurantbesuch so fern liegt wie Ostern oder Weihnachten. Das neue Buch der Berliner-Zeitungs-Kolumnistin Ruth Herzberg verleitet mit seinem Titel, es ins Ratgeber-Regal zu stellen: "Wie man mit einem Mann unglücklich wird". Natürlich nur beim ersten Hinschauen, denn die Vorsilbe "un-" verdirbt den Anleitungscharakter. Und es ist ohnehin ein Roman. Allerdings schreibt Ruth Herzberg so, dass selbst die plausiblen Ratschläge ihrer Icherzählerin einen Haken haben. Denn deren Bemühungen, den Auserwählten zu halten, laufen samt und sonders ins Leere. Die Tricks reichen vom einfachen Nicht-Anrufen und Keine-Textnachrichten-Schreiben über Sich-mysteriös-Geben oder Sanft-wie-ein-Schaf-Sein bis zu solch überraschenden Szenen: "Er hat mit seiner Mutter telefoniert und ich habe mich dabei an seine Schulter gekuschelt." Auf beglückenden, zuweilen rasant beschriebenen Sex folgt gar nichts. Wie aber der Beziehungsaufbau immer wieder scheitert, das liest sich überaus unterhaltsam in vielen bitter-komischen Szenen. Das Buch im Manteltaschenformat vertreibt Wartezeiten unterwegs. Und natürlich kann man es auch gemütlich zu Hause lesen, neben dem Telefon, das sich nicht regt. "Wie man mit einem Mann unglücklich wird" ist erschienen bei Mikrotext in Berlin (176 Seiten, 14,99 Euro). Cornelia Geißler